Stellen wir uns also vor, die Stadtwerke, das Wohnungsbauunternehmen, das Seniorenheim, das Klinikum und der Abwasserbetrieb – wir sprechen verallgemeinernd von „Betrieben” und subsumieren unter diesem Begriff auch die Kommune selbst – wären sämtlich Ämter unserer Kommune. Was wäre dann?
-
Zuallererst fällt uns ein, dass die Ämter einer Kommune ihre gegenseitigen Lieferungen und Leistungen sozusagen „gratis” erbringen. Vielleicht werden diese in einer internen Leistungsverrechnung nachgehalten; Rechnungen aber gibt es nur für Lieferungen und Leistungen „gegenüber der Außenwelt”. Alle „Spuren” der innerhalb des „Konzerns Kommune” geschriebenen Rechnungen müssen also in unserem Gesamtabschluss verschwinden. Dies betrifft die Bilanz (bezüglich der zum Jahresende noch offenen Forderungen und Verbindlichkeiten) und die Ergebnisrechnung (bezüglich der Aufwendungen und Erträge für die im Laufe des Jahres erbrachten Lieferungen und Leistungen). -
Wenn wir genauer hinschauen, stellen wir fest, dass die Betriebe des Konzerns ihre Jahresabschlüsse nach unterschiedlichen Grundsätzen aufstellen. Dies gilt sowohl für die Gliederung von Bilanz und Ergebnisrechnung als auch für die Ansatz- und Bewertungsvorschriften. Wären die Betriebe Ämter der Kommune, so wäre das anders. Dann wäre die Rechtsgrundlage natürlich das Kommunalrecht (und nicht das HGB wie im Jahresabschluss der Stadtwerke). Und wir würden nach einheitlichen Grundsätzen bilanzieren – niemand würde beispielsweise auf die Idee kommen, das Verwaltungsgebäude der Stadtwerke über 50 Jahre und das benachbarte neue Technische Rathaus über 80 Jahre abzuschreiben. Für den Gesamtabschluss werden wir also die Jahresabschlüsse der Betriebe „umrechnen“ und an unsere kommunalen Rechtsvorschriften sowie an die Ansatz- und Bewertungsvorschriften der Kommune anpassen müssen (sofern in unserem Bundesland der Gesetzgeber auf solche Umrechnungen und Anpassungen nicht ausdrücklich verzichtet). -
Für den dritten Aspekt müssen wir uns schon recht genau in unserer Bilanz auskennen. Dort gibt es auf der Aktiv-Seite unter „Finanzanlagen“ zwei interessante Positionen: „Anteile an verbundenen Unternehmen“ und „Sondervermögen“. Hier steht der bilanzielle Gegenwert der Stadtwerke, des Wohnungsbauunternehmens, des Seniorenheims, des Klinikums und des Abwasserbetriebs. Diese Beteiligungsbuchwerte würden natürlich nicht in der Bilanz stehen, wenn die Betriebe Ämter der Kommune wären. Sie sind nichts anderes als die „bilanziellen Gegenwerte“ des Vermögens (abzüglich der Schulden) der Betriebe. Stattdessen haben wir in der Bilanz unseres Gesamtabschlusses die Vermögens- und Schuldenpositionen der Betriebe „unmittelbar“ stehen. Diesen Aspekt – der Fachbegriff lautet „Kapitalkonsolidierung“ – werden wir später noch genauer kennenlernen.
Mit diesem Grundwissen sind wir für unsere Reise nach Konsolia gut gerüstet. Auf dieser Reise wollen wir weitere spannende Fragen erkunden; beispielsweise die, wann genau der kommunale Konzern entsteht und was bei dieser Entstehung im Einzelnen passiert.