Die Schöne aus der Südsee und der Poltergeist

Warum sind wir bereit, mehr als den „wirklichen bilanziellen Wert“ für unseren Anteil an der Reederei zu zahlen? Ganz einfach: weil sie „Charme“ hat – und der ist uns etwas wert.

Der Käpt’n hat seine ganz eigene Vorstellung von Charme. Des Nachts träumt er von der Schönen Buntbärin aus der Südsee. Und wenn er dann morgens aufwacht, kann man einen ganz verzückten KonBären erleben.

Aber beim Kauf einer Reederei ist Charme eine handfeste Sache: Wir wiegen ihn in Kujambels auf.

Das sieht auch das Handelsgesetzbuch (HGB) so: „Der Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt (entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert), gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand“. Also nicht „Charme“ sondern „entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert“ (kurz: GoF). Gemeint ist aber das gleiche.

Aber halt: Wieso spricht das HGB von einem „zeitlich begrenzt nutzbaren Vermögensgegenstand“? Nun ja: Wenn die Schöne Buntbärin aus der Südsee erst mal die unsere ist, nutzt sich der Charme mit der Zeit ab – eine der vielen Erfahrungen aus Käpt’n KonBärs langem Leben. Was tun wir also? Wir schreiben ihn ab. Jährlich um 20% wird der Charme geringer und nach 5 Jahren ist er weg. Wir können ihn ein bisschen länger behalten, müssen uns dann aber – so will es das HGB – dafür rechtfertigen.

Jetzt umgekehrt: Warum meinen Sie, wird uns der Verkäufer seinen Anteil an der Reederei für weniger als dem „wirklichen bilanziellen Wert“ überlassen? Richtig: Da ist die Sache mit dem bösen Poltergeist. Ob der wirklich poltern wird, wissen wir nicht – aber es könnte sein. Wenn wir aus diesem Grund den Reederei-Anteil also für 40 KUJ statt für 60 KUJ (dem wirklichen bilanziellen Wert) bekommen, haben wir uns für 20 KUJ „negativen Charme“ eingehandelt – ein ungewisses Risiko gewissermaßen.

Der Kaufmann ist es gewohnt, mit derartigen ungewissen Risiken umzugehen. Was macht er? Er bildet eine Rückstellung für den Fall der Fälle. In der Konzernrechnung nennt man eine solche Rückstellung einen „Passivischen Unterschiedsbetrag aus der Vollkonsolidierung“ (kurz: PUV).

Und was machen wir, wenn sich herausstellt, dass der böse Poltergeist in Wirklichkeit nur ein harmloser Spuk ist? Dann lösen wir die Rückstellung (den PUV) auf. Das gibt einen Ertrag. „Lucky Buy“ steht auf der Spardose des Käpt’n KonBär.

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